von | 18. Nov. 2025 | Allgemein

💡Fortbildungspflicht für Hausverwalter abgeschafft – Fortschritt oder Fehlsteuerung?

Die Bundesregierung hat am 5. November 2025 im Zuge des Bürokratierückbaus die regelmäßige Weiterbildungspflicht für Wohnimmobilienverwalter und Makler aus § 34c GewO gestrichen, somit wird die Fortbildungspflicht für Hausverwalter abgeschafft. Der Bundestag und der Bundesrat müssen dem Gesetz zwar noch zustimmen, die politische Richtung ist jedoch klar: „Vertrauen statt Regulierung“. Was bedeutet das für Qualität, Rechtssicherheit, Klimaziele und dem Alltag als Hausverwalter?

🔍 Ein Federstrich, große Wirkung

Hand aufs Herz: Niemand liebt Dokumentationspflichten. Und ja, 20 Pflichtstunden in drei Jahren waren kein Hexenwerk. Doch wer die Pflicht streicht, sorgt nicht automatisch für Qualität durch Eigenverantwortung. Im Gegenteil: In einer Branche, in der Gesetzeslage, Technik und Förderung in kurzer Taktung wechseln, kann mangelndes Update‑Wissen zur Kostenfalle für Hausverwalter und Eigentümergemeinschaften werden. Genau das kritisieren Verbände und Verbraucherschützer seit Wochen: Sie sprechen von einem Rückschritt für Professionalität, Verbraucherschutz und Klimaziele. Gleichzeitig preist die Regierung Einsparungen von 47,6 Mio. € pro Jahr für die Immobilienwirtschaft – eine Summe, die auf dem Papier attraktiv wirkt, aber Risiken systematisch unterschätzt.

👉 Was konkret beschlossen wurde und warum

    Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zum Bürokratierückbau gebilligt, der u. a. die Pflicht zur regelmäßigen Weiterbildung für Immobilienmakler und Immobilienverwalter aufhebt. Nebenbei fällt auch das „Nationale Heizungslabel“, insgesamt veranschlagt die Regierung 57,7 Mio. € an jährlichen Entlastungen, davon 47,6 Mio € bei Maklern/Verwaltern. Der Gesetzestext spricht ausdrücklich von der Aufhebung des § 34c Abs. 2a GewO, um Schulungs‑, Weiterbildungs‑ und Dokumentationsaufwand zu reduzieren, insbesondere für KMU. Achtung: Das Vorhaben ist nach Kabinettsbeschluss auf dem Weg ins Parlament; formell bedarf es noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

    Die bisherige Lage: Kleine Pflicht, großer Taktgeber

    Seit 2018 galt: 20 Zeitstunden in drei Kalenderjahren pro Tätigkeitsbereich (Makeln/Verwalten), Nachweise fünf Jahre aufbewahren; Formate konnten Präsenz, begleitetes Selbststudium (inkl. Lernerfolgskontrolle) oder interne Maßnahmen sein. Auch unmittelbar mitwirkende Beschäftigte mussten fortgebildet werden. Kontrollen waren stichprobenartig möglich, in der Praxis reichte also saubere Dokumentation. Kurz: überschaubare Last, aber mit klarer Taktung für kontinuierliches Lernen.

    🧠 Stimmen aus der Branche: Vertrauen – ja. Blindflug – nein

    • Experte Massimo Füllbeck sieht die geplante Abschaffung der Fortbildungspflicht für Hausverwalter kritisch. Er macht deutlich, dass die Diskussion aus seiner Sicht an den eigentlichen Herausforderungen der Branche vorbeigeht. Für Füllbeck ist die kontinuierliche Weiterbildung ein zentraler Faktor für Qualität und Professionalität in der Immobilienverwaltung. Die Abschaffung könnte langfristig zu einem Kompetenzverlust führen und die Komplexität rechtlicher sowie technischer Anforderungen unterschätzen.
    • VDIV: Warnt vor Qualitätsverlusten, mehr Fehlentscheidungen und vermehrten Gerichtsverfahren – am Ende höhere Folgekosten für Eigentümergemeinschaften und eine Bremse für die energetische Transformation.
    • Wohnen im Eigentum (WiE): Hält die Abschaffung für nicht zielführend; die bisherigen 20 Stunden seien ein notwendiges Minimum. Das Entlastungsargument überzeuge nicht – zu gering im Verhältnis zu Risiken.
    • Rechtsmeinung (Müller Radack Schultz): Spricht von einem „riskanten Rückschritt“: Hausverwalter verantworten Millionenwerte, ohne dass ihre Qualifikation kontinuierlich überprüft würde. Freiwillige Zertifikate ersetzen keine laufende Weiterbildung.
    • Regierung: Setzt auf „Vertrauen statt Regulierung“, mit Verweis auf gesamtstaatliche Modernisierung und Bürokratierückbau.

    📣 Unsere Einschätzung: Warum die Streichung ein fataler Fehler ist

    Kurzfassung: Der Schritt löst zwar eine formale Entlastung aus, verschärft aber materielle Risiken. Acht Gründe:

    Informationsasymmetrie & Principal‑Agent‑Problem

    Eigentümer können die Qualität der Verwaltung vor Vertragsschluss nur begrenzt beurteilen. Eine Mindestpflicht schuf vergleichbare Signale. Ohne sie droht ein „Markt für Lemons“: Gute Anbieter investieren weiter, doch preisgetriebene Angebote ohne Weiterbildungsbudget bekommen Rückenwind bis Qualität ex post (Gerichtsverfahren, Fehlbeschlüsse) sichtbar wird. Verbände und WiE warnen genau vor diesem Effekt.

    Fehlanreize durch Kurzfristdenken

    Die Regierung beziffert 47,6 Mio. € jährliche Entlastung. Klingt gut, unterschlägt aber Folgekosten schlechter Entscheidungen (z. B. unzulässige Beschlüsse, Fristversäumnisse bei Förderprogrammen, Haftungsfälle). Branchenstimmen sehen hier Kostenverlagerung statt ‑reduktion.

    Regulatorische Volatilität erfordert Update‑Wissen

    WEG‑Recht, GEG‑Anpassungen, Förderkulissen, „Solarpaket“ – die Taktung ist hoch. Ohne Pflicht sinkt die Update‑Kadenz; genau davor warnen Juristen und Fachpresse.

    Klimaziele als Koordinationsproblem

    Ein professionell verwalteter Anteil des Wohnungsbestands ist Schlüssel zur Sanierungsquote. Wenn die Kompetenz zu Energieeffizienz, PV und Ladeinfrastruktur heterogen wird, geraten Sektorziele ins Rutschen. VDIV verknüpft die Pflicht explizit mit Klimazielen – plausibel, denn Umsetzung hängt am Hausverwalter‑Know‑how.

    Rechtssicherheit & Streitkosten

    Ohne systematische Fortbildung steigt die Gefahr anfechtbarer Beschlüsse und langwieriger Verfahren. WiE und VDIV weisen auf mehr Konflikte und Belastungen der Justiz hin, also genau das Gegenteil von Entlastung.

    Ungleichgewicht bei kleinen Verwaltungen

    Große Player halten ohnehin interne Akademien vor. Die Pflicht gab KMU einen klaren Orientierungsrahmen. Fällt er, steigt die Heterogenität ausgerechnet dort, wo Ressourcen knapp sind. IHK‑Regelwerke hatten bisher die Mindestlinie markiert.

    Wettbewerbsfähigkeit & Arbeitgeberattraktivität

    Ein strukturierter Lernpfad ist Employer‑Branding. Wer Weiterbildung streicht, spart kurzfristig, verliert aber im War for Talents. Fachpresse und Verbände berichten, dass die Pflicht viele Unternehmen überhaupt erst zu planvoller Weiterbildung gebracht hat.

    Politischer Bumerang

    Missstände führen oft zu Nachregulierung (Sachkundenachweis reloaded). Die Verbändebriefe signalisieren Widerstand; ein Ping‑Pong der Regeln hilft niemandem, am wenigsten den Eigentümer:innen.

    Fazit: Die Einsparung ist klein, die potenziellen Folgekosten groß,  ökonomisch wie reputativ. Die Streichung kappt einen Qualitätsanker, den der Markt noch nicht adäquat ersetzt hat. Deshalb halten wir die Entscheidung, gerade in der aktuellen Komplexitätslage, für einen fatalen Fehler.

    📌 Rechtlicher Hinweis

    Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Die dargestellten Inhalte basieren auf dem Stand der öffentlichen Informationen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Gesetzgebungsverfahren können Änderungen erfahren. Für verbindliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt oder die zuständige Kammer/IHK.

    📚 Quellenverzeichnis

    • Bundesregierung – Kabinettsbeschluss Bürokratierückbau (05.11.2025) [bundesregierung.de]
    • BMWK – Referentenentwurf Bürokratierückbaugesetz (10/2025)[bundeswirt…sterium.de]
    • VDIV – „Abschaffung der Weiterbildungspflicht: Rückschritt…“ (04.11.2025) [vdiv.de]
    • Wohnen im Eigentum (WiE) – „Weniger Wissen, mehr Risiko“ (21.10.2025) [wohnen-im-…igentum.de]
    • Müller Radack Schultz – „Fortbildungspflicht … soll entfallen – riskanter Rückschritt“ (03.11.2025) [mueller-radack.com]
    • Haufe Immobilien – „Abschaffung der Weiterbildungspflicht?“ (21.10.2025) [haufe.de]
    • IHK Düsseldorf – Merkblatt Weiterbildungspflicht (bisherige Rechtslage) [ihk.de]
    • VDIV – Offener Verbändebrief (22.10.2025) [vdiv.de]
    • GEG‑Kontext/News – Relevanz der Fortbildung für Energie‑ und Förderthemen [geg-info.de]